St. Materniani Kirche zu Ochtersum

Woche sechs, Abendandacht 

Abends rekapituliere ich oft, was am Tag so los war. Mit wem ich gesprochen habe, was am Schreibtisch alles weg gearbeitet wurde, bzw. was noch zu machen ist und was ich bei der nächsten Beerdigung oder der nächsten Predigt sagen könnte. Ich gehe meine Aufgaben durch und die Themen, die gerade oben aufliegen. Manchmal flitze ich auch noch schnell vor dem Schlafen an den PC, um noch etwas zu googeln, das mir auf dem Herzen liegt und im Kopf herumschwirrt. 

Gerade in der letzten Woche merkte ich, ich brauche eine Pause. Nicht vom meinem Arbeitsleben, sondern von dem Thema, das gerade alles beherrscht: Corona.

Ich brauche eine Auszeit davon, dass sich alles um diese Krise dreht. Egal, ob die letzten Tage nur so dahinflogen oder zäh wie Kaugummi waren. Besonders am Abend merkte ich, dass diese Zeit die Menschen verändert, wie auch mich.

Die Zeit nach dieser Krise kann nur anders sein mit den Spuren, die sie hinterlässt in der Wirtschaft, in der Altenpflege und mit den Beschränkungen im öffentlichen Leben.

Und ich hoffe, es wird eine bessere Welt sein, die sich mehr nach den Menschen richtet und weniger nach Angebot und Nachfrage. Eine Welt, mit weniger Ängsten vor der Zukunft, aber mit mehr Gelassenheit und Gottvertrauen wünsche ich mir.

Aber bevor ich heute Abend wieder den newsticker durchstöbere, oder nach Neuansteckungen und Lockerungen googele und was die Zukunft noch alles so bringen mag, schließe ich mit dem Gebet, das mir meine Großmutter beibrachte:

 

Müde bin ich, geh' zur Ruh',
 Schließe beide Augen zu:
 Vater, laß die Augen dein
 Über meinem Bette sein!

Hab’ ich unrecht heut’ gethan,
 Sieh’ es, lieber Gott, nicht an!
 Deine Gnad’ und Jesu Blut
 Macht ja allen Schaden gut.

Alle, die mir sind verwandt,
 Gott, laß ruhn in deiner Hand,
 Alle Menschen, groß und klein,
 Sollen dir befohlen sein.

Müden Herzen sende Ruh’,
 Nasse Augen schließe zu!
 Laß den Mond am Himmel stehn
 Und die stille Welt besehn!