Woche sieben

Sat, 02 May 2020 19:09:57 +0000 von Alexander Schreeb

Woche sieben, Auf in den Garten 

In all der Krise ist die Natur ein Segen. Sie lässt sich nicht einschränken und sorgt sich auch nicht um morgen. Ganz im Gegenteil tut es ihr dieser Tage sogar gut, dass die Welt sich ein Stück langsamer dreht und weniger Flugzeuge in der Luft, weniger Schiffe im Wasser und weniger Autos auf den Straßen unterwegs sind. Aber gerade deshalb sorgen wir uns um so mehr, den unsere Wirtschaft ist nicht darauf ausgelegt einen Gang zurück zu schalten und kennt eigentlich nur Frühling und Sommer und will wachsen und wachsen. Daran hängen viele Existenzen und es beunruhigt, wie es weiter gehen soll. Aber das soll heute nicht unser Thema sein. 
Heute geht es um den Garten. Er ist bei vielen Menschen zum Rückzugsort und zum Arbeitsfeld der letzten Tage und Wochen geworden. „Was wären wir gerade nur ohne unseren Garten“, diesen Satz habe ich oft in dieser Krise gehört und es freut mich, dass da ein Ort bei vielen ist, der nicht einfach nur Ablenkung ist, sondern ein Stück Freude und Selbstverwirklichung bringt.
Unsere Gartenkultur ist nicht nur in Covid-19-Zeiten ein Gegenpol. Der Zeitgeist ist schneller geworden. Neue Medien geben einen ganz anderen Takt vor. Die Menschen sind mobiler und legen sich nicht mehr auf Dinge vorschnell fest. 
Im Gegensatz dazu sind Gärten die Werke unserer Hände. Der Mensch bestimmt ihn nach seinen Vorstellungen in einer Zeit voller Fremdbestimmungen. 
Unsere Gartenkultur selber hat ihre Wurzeln im klösterlichen Leben. Das Wort Kloster kommt vom lateinischen claustrum und heißt abgeschlossener Ort. Während heutzutage eine Vielzahl der Klöster ihre Tore weit für Besucher öffnen, sind ihre Gärten oder Teile davon für die Öffentlichkeit gar nicht oder nur bedingt zugänglich. Hier findet monastisches Leben nach den Grundsätzen ora et labora (bete und arbeitete) statt.
 Nach dem Vorbild antiker Landvillen sicherten Klostergärten früher die Grundversorgung der Mönche und Nonnen. Schon Benedikt von Nursa verfasste in seiner Benediktusregel: „Das Kloster soll, wenn möglich, so angelegt werden, dass sich alles Notwendige, nämlich Wasser, Mühle und Garten, innerhalb des Klosters befindet und die verschiedenen Arten des Handwerks dort ausgeübt werden können.“ 
 Viele exotische mediterrane Pflanzen kamen erst durch die Klostergärten in unsere Breitengerade wie der Fenchel, der Lavendel oder der Liebstöckel. Nutzpflanzen wie Erbsen, Kohl und Rüben wurden außerhalb der Klostermauern angepflanzt, da sie für die Grundversorgung in größeren Mengen benötigt wurden.
 Heute sind Klosteranlagen nicht mehr von ihren Gärten abhängig, haben aber immer noch eine tiefe religiöse Bedeutung. Der Klostergarten symbolisiert den Garten Eden, in dem es üppig grün ist und jede Pflanze einen guten und nützlichen Sinn hat. Der Garten ist gut geordnet in rechteckige Beete, die mit Buchsbaum oder Brettern klar umrandet sind. Im Umbruch vom Mittelalter in die Moderne legten die Klöster zudem auch Lust- und Ziergärten an, die die Schönheit und Perfektion der Schöpfung Gottes wirkungsvoll zur Schau stellen sollten. Beispielhaft hierfür sind vielerorts die üppigen Rosengärten. Obstbäume hingegen symbolisieren im Rhythmus der Jahreszeiten Tod und Auferstehung, während immergrüne Pflanzen wie Efeu an das ewige Leben erinnern. Überträgt man diesen Gedanken auf unsere Gärten, sind sie ebenso der Versuch das Leben abzubilden und hier auf Erden ein Stück des Himmels zu erschaffen.
Das Arbeiten im Garten ist Kontemplation, das heißt es ist stille Betrachtung der Welt und stille Betrachtung in mich hinein, um sich für den Geist Gottes zu öffnen. Die Zeit wird verlangsamt und es kehrt Ruhe zum Durchatmen ein. Der Zeitgeist schlägt einen Takt langsamer und so manche Corona-Sorge rückt in den Hintergrund. So verliert man sich dieser Tage beim Krauten im Beet nicht nur in Gedanken, sondern kann Gott ein Stück näher sein.
Quelle: Schreeb
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