Woche vier

Fri, 10 Apr 2020 13:26:07 +0000 von Alexander Schreeb

 Woche vier
Andacht zu Karfreitag


Eine richtige Karwoche ist das. Heute ist ein richtiger Karfreitag. 
Das Leben steht still. Alles ist in diesem Jahr anders und die Angst geht herum. Angst, wie es mit der Wirtschaft weiter geht. Angst, ob das Virus nach Holtriem kommt. Angst, dass man selber oder seine Liebsten Schaden nehmen könnten.
Die Angst ist verkleidet. Einige können ihren Blick gar nicht von dem Newsticker auf dem Smartphone abwenden, andere hamstern und wieder andere nähen Masken für den Ernstfall. Unser Land und wir tun viel dafür, dass sich Covid-19 nur langsam ausbreitet. Gott sei Dank scheinen diese Maßnahmen zu funktionieren, so dass wir keine schockierenden Bilder aus Deutschland sehen müssen, wie aus New York, Madrid oder Kalkutta. 
Aber ich finde auch, das trotz all dem was wir tun können, vor allem die Hilflosigkeit uns immer wieder gefangen nimmt. Das Virus beugt sich nicht und lässt sich nicht unterkriegen. 


„Wir müssen dem Schicksal ebenso entschlossen entgegentreten wie uns ihm zu gegebener Zeit zu unterwerfen.“


Bonhoeffer schrieb diese Worte während seiner Gefängniszeit in Tegel in den letzten Wochen seines Lebens. Zeilen zwischen Todesangst und Lebensmut. Zeilen zwischen Widerstand und Ergebung. Und trotz aller Ambivalenzen, oder gerade genau wegen ihnen, fand Bonhoeffer in seinem Glauben einen festen Anker, der jedem Sturm trotzte. 

Egal ob sozial, finanziell oder politisch ist unser Land gut gegen ein Virus aufgestellt.
Dafür können wir dankbar sein, bei all den weltweiten Schreckensnachrichten. Die Menschen verhalten sich größtenteils solidarisch und zeigen Verständnis für die Maßnahmen, trotz aller Sorge. Wir allen tragen und bestimmen das Handeln mit, um gerade die zu schützen, für die das Risiko am höchsten ist, eine Infektion nicht zu überleben. In den vergangene Tagen habe ich immer wieder erlebt, mit viel Mut und Zuversicht die Menschen in unseren Dörfern dem Schicksal entgegentreten. 


Aber gerade in einer Welt in der wir uns zu lange vorgegaukelt haben alles kontrollieren zu können und der eigene Schmied unseres Glückes zu sein, fällt es auch schwer zu akzeptieren, dass nicht wir es sind, die den Takt dieser Krise dirigieren. 
Wir regieren, statt zu agieren. Wir richten uns nach dem Virus, weil es die Welt fest im Griff hat. Wir leiden. Passion findet statt. Ob wir wollen oder nicht.


Eine richtige Karwoche ist das. Heute ist ein richtiger Karfreitag. 
Heute erinnern wir uns daran, dass Jesus am Kreuz starb. Dafür läuten die Glocken heute zu seiner Sterbestunde um 15.00 Uhr. In Gedenken an seine Angst und seinen Tod.
Jesus war ein Widerständler, gegen die Gottlosigkeit seiner Zeit. Er kämpfte für die damaligen Risikogruppen, die drohten von Leid und Ausgrenzung verschluckt zu werden. 
Doch selbst dieser Mann Gottes konnte am Ende nichts gegen seinen Weg zum Kreuz ausrichten und ergab sich seinem Schicksal.








Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde, und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei. Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er.
Lukas 23,44.




Das Kreuz ist Zeichen der Hilflosigkeit und der Angst. Ein Symbol dafür, dass das Leben nicht nach unseren Regeln und Vorstellungen funktioniert und am Ende wir alle Sterben müssen. Das Kreuz ist aber kein Schlussstrich. 
Ostern findet statt. In der aufblühenden Natur, in unserem Handeln, in den Andachten und Gottesdiensten im Radio, TV und Internet. Ostern geschieht in unserer Mitmenschlichkeit, die sich nicht der Resignation hingibt. 
Diese kleinen Stücke von Erlösung bleiben.
Und wo wir nichts ausrichten und die eigene Sorge verzweifeln lässt, muss diese Angst uns nicht verdammen. Sondern wir können sie in das Vertrauen mitnehmen, dass Gott und in keiner Krise alleine lässt. Weder in diesem Leben, noch in dem was da kommen mag.
Quelle: Schreeb
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